Recruitierungserfolg bei Stellenanzeigen
Noch immer ist die Stellenanzeige das wichtigste Instrument für die Rekrutierung von Personal. Sie mag nicht mehr in der Tageszeitung erscheinen und auch nicht mehr der erste Kontakt sein, das sind oft Social Media oder andere Formen direkter Ansprache wie Karrierewebseiten oder -messen. Aber irgendwann im Recruitingprozess kommt die Stellenanzeige ins Spiel, denn sie ist in der Regel noch immer der Ort, an dem die Anforderungen an Bewerberinnen und Bewerber sowie die Angebote des Unternehmens zusammengefasst werden. Um ihre Chancen auf Rekrutierungserfolge zu erhöhen, versuchen Betriebe zunehmend, ihre Kommunikation geschlechterneutral zu gestalten, um mehr Frauen zu rekrutieren. Das Potenzial für neues Personal verdoppelt sich bekanntlich schlagartig, wenn nicht nur Männer angesprochen werden.
Allerdings ist es offenbar nicht ausreichend, dafür einfach nur an den männlichen Jobtitel das Kürzel (m/w/d) anzuhängen. Rechtlich mag das in Ordnung sein, aber Sie formulieren ja Ihre Stellenanzeigen nicht zur Einhaltung von Recht und Gesetz, sondern um Personal zu finden. Deshalb sollten Sie Stellenanzeigen wirklich geschlechtsneutral formulieren. Titel wie „Einkäufer“, „Geschäftsführer“ oder „Agrarwissenschaftler“ klingen auch dann noch männlich, wenn hinten dran (m/w/d) hängt. Und das gilt für den gesamten Text. Die Existenz von männlicher und weiblicher Sprache ist mittlerweile sprachwissenschaftlich kaum noch umstritten. Schon 2011 hat eine Untersuchung zweier nordamerikanischer Universitäten Belege dafür vorgelegt, dass die Verwendung eher männlich oder eher weiblich konnotierter Begriffe den Erfolg von Stellenanzeigen bei Frauen beeinflussen.
Je stärker Worte wie beispielsweise „aktiv“, „entscheidungsfreudig“, „führungsmotiviert“, „hierarchisch“, „durchsetzungsfähig“, „Herausforderung“, „ehrgeizig“ oder „karriereorientiert“ verwendet werden, desto weniger fühlen sich Frauen von der Anzeige angesprochen. Die reagieren viel stärker auf Begriffe und Eigenschaften wie etwa „kommunikativ“, „kooperationsfähig“, „teambildend“, „diplomatisch“ oder „motivierend“. Und wer sich nicht ausreichend angesprochen fühlt, bewirbt sich nicht, da helfen weder m/w/d noch Bilder von Frauen in der Anzeige. Besser für ein erfolgreiches Recruiting ist es, alle Elemente der Stellenanzeige so zu gestalten, dass sie für Frauen attraktiv sind. Also natürlich Frauen abbilden oder noch besser: Teams, und darüber hinaus aber vielleicht auch mal nach einer „Agrarwissenschaftlerin (m/w/d)“ suchen. Oder zumindest „Geschäftsführerin/Geschäftsführer“ schreiben, auch bei dieser Lösung fühlen sich Frauen angesprochen. Und verwenden Sie möglichst emotionale Formulierungen in Stellenanzeigen. Übrigens: Sie müssen sich keine Sorgen darüber machen, dann die andere Hälfte der möglichen Bewerberinnen und Bewerber abzuschrecken, Untersuchungen zeigen, dass Männer sich deutlich weniger leicht abschrecken lassen und sich auch dann bewerben, wenn die Stellenanzeige von den Anforderungen oder der Sprache her weniger gut passt. Und ja, dieser Effekt tritt nicht nur im nordamerikanischen Sprachraum auf, eine Untersuchung von 32.000 deutschen Stellenanzeigen mittels einer durch künstliche Intelligenz unterstützten Textanalyse belegt das.
Und es ist nicht nur die Sprache, die über den Erfolg oder Misserfolg in der Rekrutierung von Personal entscheidet, sondern sogar das Geschlecht. Denn so wie Frauen sich von einer als männlich empfundenen Sprache abschrecken lassen, selbst wenn ihre Skills zu den beschriebenen Anforderungen passen, so reagieren sie auch auf die Person, die ihnen als Recruiter gegenübertritt, sei das auf einer Messe, beim Netzwerken, als Kontakt in der Stellenanzeige, beim Online- oder dem persönlichen Treffen. Eine Studie hat knapp 330 Studierenden Videos mit männlichen und weiblichen Recruitern vorgespielt, die ein Karriereprogramm bewerben – mal mit eher männlichen Formulierungen, mal mit eher weiblichen. Danach sollte angegeben werden, wie gut man selbst voraussichtlich zum Unternehmen passt, wie der Bewerbungserfolg eingeschätzt wird und ob man sich bewerben würde. Es hat sich gezeigt, dass typisch männliche Formulierungen, die von einem Mann vorgetragen wurden, alle drei abgefragten Kriterien bei den Teilnehmerinnen negativ beeinflusst. Sehr interessant: Wenn die männlichen Formulierungen von Frauen vorgetragen wurden, trat dieser Effekt nicht auf. Ergo: Wenn Sie es nicht schaffen, in Stellenanzeigen auf typisch männliche Begriffe zu verzichten oder sich nicht die Mühe machen wollen, sich mit dieser Frage zu beschäftigten, kann es Ihren Rekrutierungserfolg bei Frauen vermutlich weniger stark schmälern, wenn die Frauen aus der Personalabteilung als Kontakt auftreten.