Mit Nachhaltigkeitsberichten beim Recruiting punkten
Die Wirtschaftsprüfer von KPMG schätzen, dass 50.000 Unternehmen künftig einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen müssen. Diese Pflicht betrifft ab kommendem Jahr alle an einer europäischen Börse gelisteten Unternehmen, unabhängig von ihrer Größe. Auch nicht-börsennotierte Unternehmen, die zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen, sind verpflichtet: Mehr als 250 Beschäftigte, mehr als 40 Millionen Euro Umsatz oder mehr als 20 Millionen Euro Bilanzsumme. Und wenn ein Unternehmen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet ist, dann müssen künftig die finanziellen und nicht-finanziellen Reports gleichwertig sein, d.h. die Nachhaltigkeitsberichte müssen beispielsweise der Qualität der Geschäftsberichte entsprechen.
Unternehmen sind gut beraten, sich jetzt schon mit der Thematik zu beschäftigen. Denn je näher der Zeitpunkt der Umsetzung rückt, desto eher werden spezialisierte Beratungen ausgebucht oder entsprechende Beschäftigte nicht mehr zu finden sein. Die Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten, auch ESG- oder CSR-Berichte genannt, ist keine leichte Aufgabe. Die gesamte Wertschöpfungskette ins Auge zu nehmen erfordert personelle und finanzielle Ressourcen und das Sammeln und Aufbereiten einer großen Menge an Informationen.
Darüber kann man nun wehklagen und sich dann doch den gesetzlichen Anforderungen beugen – oder die neue Aufgabe zukunftsgewandt angehen. Denn sie kann viel mehr sein als eine lästige Pflicht. Sie birgt die Chance auf neuen Zugang zur Kundschaft wie zu Fachkräften. Wie das? Nachhaltigkeit ist für eine wachsende Zahl an Menschen ein wichtiger Faktor. Die Klimakrise ist im Bewusstsein vieler Menschen tief verankert. Beides gilt für jüngere Menschen überproportional. Daraus folgt aber ganz schlicht: Auch für immer mehr Kundinnen und Kunden spielt Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. Und ebenso für den Fachkräftenachwuchs. Ergo: Wer sich hier überzeugend als Vorreiter präsentiert, kann diese Zielgruppen leichter erreichen – egal ob es um den Produktabsatz geht oder um die Fachkräftegewinnung. Und es gibt noch weitere Aspekte: Wer Geschäfte mit großen Unternehmen machen will, wird mit einer Nachhaltigkeitsberichterstattung auch dort oft leichteren Zugang haben. Denn diese Unternehmen sind häufig dazu verpflichtet oder aus eigenem Antrieb motiviert, die Nachhaltigkeit ihrer gesamten Lieferkette zu kennen. Da kann der vorliegende oder eben fehlende Nachhaltigkeitsbericht eine Rolle spielen bei der Entscheidung für oder gegen einen Zulieferer. Ähnlich ist es bei der Finanzierung: Wer seiner Bank die Nachhaltigkeit seiner Geschäfte überzeugend darstellen kann hat es oft leichter, einen Kredit zu erhalten oder muss weniger Zinsen bezahlen. Ähnlich verhält es sich im Umgang mit manchen Investoren.
Ja, es stimmt, der Aufbau neuer Strukturen und Prozesse für die Informationsbeschaffung und Berichterstellung ist mühsam und kostet Geld. Vielleicht werden Sie dafür jemanden einstellen müssen oder Aufgaben neu strukturieren, um Ressourcen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu schaffen. Dienstleister wie TÜV oder DEKRA, Wirtschaftsprüfer und Unternehmensberatungen bieten ihre Hilfe an. Speziell auf kleine und mittlere Firmen zielen Softwareanbieter, die Programme vertreiben, mit denen sich Nachhaltigkeitsberichterstattung einfach selbst erstellen lässt – so ähnlich wie Steuersoftware, die bei der Gewinnermittlung und der Steuererklärung hilft. Beratung oder Weiterbildung bieten auch viele Industrie- und Handels-, Handwerks- und Landwirtschaftskammern an.