Gehaltstransparenz bringt auch Unternehmen Vorteile

Europäische Mühlen mahlen langsam: 2023 bereits ist die Entgelttransparenz-Richtlinie der EU in Kraft getreten, bis Anfang Juni 2026 muss sie in nationales Recht umgesetzt sein. Unternehmen können aber heute schon davon profitieren, wenn sie ihre Gehälter öffentlich machen.
Veröffentlicht am 22.04.2025
Gehaltstransparenz bringt auch Unternehmen Vorteile

Am 7. März 2025 endete das Arbeitsjahr 2024 für Frauen. Denn Frauen verdienen im Durchschnitt 16 Prozent weniger als Männer, müssten also im Schnitt 66 Tage länger arbeiten, um für das Jahr 2024 ebenso viel zu verdienen wie Männer. Diese Ungerechtigkeit, genannt Gender Pay Gap, hat verschiedene Gründe. Sehr eindrücklich ist ein Blick auf eine Destatis-Statistik über den durchschnittlichen Bruttostundenverdienst 2024 von Frauen und Männern, bezogen auf deren Alter. In der sehr frühen Phase der Erwerbstätigkeit bis zum Alter von etwa 19/20 Jahren verdienen Frauen sogar mehr pro Stunde. Von etwa 20 bis etwa 30 Jahren liegen die Männer dann zwar bereits vorne, aber nur leicht. Drastisch geht die Verdienstschere auf ab etwa 30 Jahren – dem Alter, in dem Frauen durchschnittlich ihr erstes Kind bekomme. Von da an bis kurz vor das Rentenalter verdienen Männer stets mehr als Frauen, teilweise sogar fast 50 Prozent (statistischer Durchschnitt) in der Stunde. Der Gender Pay Gap ist seit einigen Jahren weitgehend unverändert, d.h. die Lohnlücke schließt sich nicht weiter. Selbst bei gleicher Qualifikation und Beschäftigung beträgt sie noch immer durchschnittlich sechs Prozent.

Die Entgelttransparenz-Richtlinie der EU soll damit Schluss machen. Spätestens am 7. Juni 2026 muss die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt sein. Unternehmen müssen dann ihre Vergütungspraktiken offenlegen und ihren Beschäftigten, aber zum Beispiel auch Stellenbewerbern, einen Vergleich der Gehälter ermöglichen. Mit der Richtlinie werden Berichtspflichten zur Entlohnung im Betrieb kommen. Eine Studie aus 2024 zeigt, dass bisher erst gut ein Viertel der betroffenen deutschen Unternehmen sich bereit fühlen, die Richtlinie einzuhalten. Fast zwei Drittel geben an, sie wollen nicht mehr als die gesetzlichen Mindestanforderungen umsetzen. Das kann zum Nachteil werden, denn Gehaltstransparenz ist nicht nur Aufwand für Unternehmen, sie kann sich auch lohnen.

Die defensive Haltung ist daher falsch, das legt die Studie ebenfalls nahe. Und auch, dass die Unternehmen das eigentlich wissen. Denn rund die Hälfte der befragten Unternehmen geben an, dass Lohntransparenz dazu geeignet sei, die Zufriedenheit der Belegschaft zu erhöhen. Aus dieser Erkenntnis, so raten es viele Experten und Expertinnen, sollten Unternehmen auch Konsequenzen ziehen. Denn Entgelttransparenz kann enorme positive Auswirkungen auf das Employer Branding haben, auf die Attraktivität von Unternehmen für Beschäftigte und also ein wichtiges Mittel in der Rekrutierung von Beschäftigten sein. So gibt es Studien, die darauf hindeuten, dass sich viele Menschen lieber auf Stellen bewerben, wenn es in der zugehörigen Anzeige Angaben zum Gehalt gibt. Und eine zufriedenerer Belegschaft ist, das belegen zahlreiche Studien, motivierter und dadurch produktiver, d.h. Unternehmen, die das Thema Lohntransparenz aktiv angehen und für sich nutzen, können auch jenseits des Recruiting davon profitieren. Und wenn die Zufriedenheit der Belegschaft steigt, sinken in der Regel auch Fluktuation und Krankenstand.