Kündigungsfrist als Hindernis

Oft wird in Stellenanzeigen um Angabe eines Eintrittsdatums gebeten. Und gar nicht selten sind lange Kündigungsfristen bis sechs Monate. Oder zum Ende des kommenden Quartals, was fast so lang sein kann. Wie können Bewerber und Bewerberinnen damit umgehen?
Veröffentlicht am 23.10.2024
Kündigungsfrist als Hindernis

Eine lange Kündigungsfrist bietet für Beschäftigte eine meist als angenehm empfundene Absicherung. Diese Wahrnehmungen kann sich in das Gegenteil verwandeln, wenn eine interessante Stellenbeschreibung lockt. Wird um Angabe eines Eintrittszeitpunktes gebeten, so lassen sich vielleicht die eine oder der andere von einer Bewerbung abhalten, wenn in ihren Verträgen eine lange Kündigungsfrist steht. Aber die ist nicht in Stein gemeißelt.

Unternehmen suchen Beschäftigte, die möglichst genau zur ausgeschriebenen Stelle passen. Je genauer, desto eher wird ein Unternehmen bereit sein, längere Zeit zu warten. Deshalb sollte eine lange Kündigungsfrist niemanden von einer Bewerbung abhalten, wenn sie oder er wirklich sehr gut zur Stelle und Firma passen. Dabei auch an das berufliche Netzwerk denken, das mitgebracht wird. Lange Kündigungsfristen haben vor allem Leute, die schon lange beim Betrieb sind und solche Beschäftigten haben oft ein gutes berufliches Netzwerk zu Lieferanten, Zulieferern oder Kunden. Und das kann für einen neuen Arbeitgeber mindestens so interessant sein wie das Fähigkeitsprofil.

Arbeitskräftemarkt in Ihrer Branche und für Ihr Profil

Grundsätzlich herrscht Fachkräftemangel. Meist steigt die Bereitschaft des Arbeitgebers, lange zu warten, mit der Seltenheit passender Fachkräfte. Dies gilt natürlich erst recht, wenn die Stelle vielleicht schon zum zweiten oder dritten Mal ausgeschrieben ist. Stellen Sie jedoch in der Anzeige Hinweise auf eine dringende Besetzung der Stelle fest, so haben Sie mit langer Kündigungsfrist einen klaren Nachteil. Ist die Stelle dann nicht total begehrenswert, sondern nur akzeptabel, kann es sinnvoll sein, sich den Aufwand der Bewerbung zu sparen.

Reden hilft, Druck nicht

Ihr bisheriger Arbeitgeber will, dass Sie bis zum Ende engagiert und motiviert bleiben. Und er braucht einen ruhigen Übergang und die Dokumentation Ihrer bisherigen Tätigkeit. Ein Gespräch darüber und eine verbindliche Zusage Ihrerseits, dies zu gewährleisten, kann die Bereitschaft fördern, Sie vorzeitig aus einem Vertrag zu entlassen. Auf gar keinen Fall sollten Sie diese Punkte zum Druckmittel machen oder versuchen, durch schlechte Arbeitsleistung die Trennungsbereitschaft zu „fördern“. Das kann nach hinten los gehen, weil man sich im Leben oft zweimal trifft, weil es ein schlechtes Arbeitszeugnis bedeuten kann und weil eine Drohung damit sogar arbeitsrechtliche Konsequenzen haben kann. Ein Aufhebungsvertrag kann solche Punkte regeln, Resturlaub sowie Überstundenausgleich den Ausstieg beschleunigen.

Außerordentliche Kündigung oder Krankschreibung?

Den neuen Arbeitgeber sollte man erst über die lange Kündigungsfrist informieren, wenn danach gefragt oder konkretes großes Interesse gezeigt wird. In den neuen Arbeitsvertrag können Sie als Eintrittsdatum auch eine Formulierung wie „oder früher“ in Verbindung mit einem Datum aufnehmen. Keinesfalls sollten Sie sich zu einem Datum verpflichten, das Sie nicht einhalten können, bevor Sie nicht eine verbindliche, schriftliche Zusage des alten Arbeitgebers haben, dass Sie früher aufhören können. Sie können Ihren Arbeitsvertrag bei Rechtsanwälten prüfen lassen – stehen Fehler darin wie etwa eine längere Kündigungsfrist für Sie als für das Unternehmen, so kann das vielleicht als Grund für eine außerordentliche Kündigung dienen. Denn ohne schwerwiegende Gründe wie beispielsweise dauerhaftes Mobbing, dem der Arbeitgeber nichts entgegensetzt, ist eine außerordentliche Kündigung nicht möglich. Es ist zudem wahrscheinlich, dass diese gerichtlich überprüft wird, was Zeit braucht. Von einer Krankschreibung ist abzuraten, denn es ist wahrscheinlich, dass das auffliegt. Wer sich krankschreiben lässt, um in dieser Zeit für einen neuen Arbeitgeber zu arbeiten, macht sich strafbar. Das kann zur gerichtlichen Verurteilung führen, die sich auch auf künftige Stellensuche negativ auswirkt. Zudem wird ein neuer Arbeitgeber unfaire Machenschaften kaum wohlwollend betrachten – denn er muss ja befürchten, dass Sie solches Verhalten auch bei ihm zeigen.

Aber Sie können dem neuen Arbeitgeber Entgegenkommen zeigen, indem Sie anbieten oder zusagen, sich bereits vor Arbeitsaufnahme einzuarbeiten oder an wichtigen Besprechungen teilzunehmen – falls Sie das auch tatsächlich leisten können. Das reduziert Ihre bezahlte Einarbeitung und kann Firmen dazu motivieren, länger zu warten. Denn andere Bewerber und Bewerberinnen haben schließlich auch Kündigungsfristen.