Kündigung wegen Straftaten
Das kann der Fall sein, wenn Beschäftigte rechtswidrig gegen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstoßen – und wenn zu erwarten ist, dass dies auch künftig der Fall sein wird. Denn laut höchstrichterlicher Rechtsprechung darf eine Kündigung nicht als Strafe für vergangenes Verhalten ausgesprochen werden. Sondern die Prognose muss erwarten lassen, dass Beschäftigte auch künftig ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verletzten. Das kann bei Straftaten der Fall sein – gilt aber längst nicht bei jeder Verurteilung.
In der Praxis wird in Straftaten im Rahmen des Arbeitsverhältnisses oder in der Freizeit unterschieden. Begehen Beschäftigte Straftaten zum Nachteil des Unternehmens, dürfte eine Kündigung recht leicht gerichtlich Bestand haben. Anders ist es hingegen in der Freizeit – wer beispielsweise erstmals beim Diebstahl im Supermarkt erwischt und deshalb verurteilt wird, aber im Betrieb sich korrekt verhält, dem wird der Arbeitgeber kaum gerichtsfest die Prognose ausstellen, dass er künftig auch im Betrieb stehlen könnte. Grundsätzlich können aber Straftaten, die außerhalb von Arbeitszeit und -ort stattfinden, eine Kündigung rechtfertigen. Das ist beispielsweise dann anzunehmen, wenn Beschäftigte Betriebsmittel oder Einrichtungen des Betriebes nutzen, um eine Straftat zu begehen. Servicepersonal für Landmaschinen beispielsweise, das in seiner Freizeit unter Nutzung des Schweißgerätes des Arbeitgebers einen Tresor aufbricht, wird mit einer Kündigung rechnen müssen. Anders der Fall eines Beschäftigten, der vermutlich seine Gehaltsabrechnung gefälscht hat, um einen Kredit zu erlangen. Das Gericht lehnte die ausgesprochene Kündigung als unwirksam ab, denn eine Gehaltsabrechnung sei kein Betriebsmittel. Das Verhalten sei zwar strafbar – Urkundenfälschung – aber ein Schaden für den Betrieb nicht zu erkennen. Selbst die Annahme, der Ruf sei in Gefahr oder der Beschäftigte könne auch künftig Urkunden fälschen, sah das Gericht in diesem Fall zwar als möglich an, nicht aber als rechtfertigend für die Kündigung. Denn der Beschäftigte war bereits seit mehr als einem Vierteljahrhundert im Betrieb, da sei es zumutbar, das Arbeitsverhältnis zunächst fortzusetzen.
Bei verhaltensbedingten Kündigungen ist die Rechtslage kompliziert. Meist müssen Unternehmen vor dem Aussprechen einer Kündigung mildere Mittel wie etwa eine Abmahnung wählen. In einem anderen Fall hatte aber sogar die Kündigung eines Betriebsrates mit mehr als 20 Jahren Betriebszugehörigkeit durch mehrere arbeitsgerichtliche Instanzen Bestand. Der Beschäftigte war beim Konsum weißen Pulvers durch ein Röhrchen während der Arbeitszeit im Betriebsratsbüro beobachtet worden und hatte Möglichkeiten, den Verdacht auf Kokainkonsum zu entkräften, nicht wahrgenommen. Ob das weiße Pulver tatsächlich Kokain war oder, wie vom Gekündigten behauptet, eine Mischung aus Traubenzucker und Schnupftabak, erschien vor Gericht nicht relevant.
Arbeitsgericht Augsburg, Urteil vom 12. Mai 2020 – 8 Ca 800/19
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 06. Mai 2024– 4 Sa 446/23