Kasse, Kasse, Steuerklasse

Ist die neue Steuerklasse IV mit Faktor besser als das alte System?
Veröffentlicht am 21.08.2024
Kasse, Kasse, Steuerklasse

Die Steuerklassen III und V werden abgeschafft, das ist derzeit häufig zu lesen. Statt dessen soll es die Steuerklasse IV mit Faktor geben (Faktorverfahren). Was bedeutet das für Beschäftigte im Agrarbusiness?

Vielleicht sollte man zuerst mal etwas Dampf aus dem Kessel lassen: Die Reform der Besteuerung von Paaren ist schon lange auf der politischen Agenda. Im rot-grün-gelben Koalitionsvertrag steht sie auch. Neu erscheint ungeachtet der teils aufgeregten Berichte derzeit nur, dass es nun ein Gesetzgebungsverfahren dazu gibt, die Umsetzung also tatsächlich näher rückt. Wobei Nähe relativ ist: Laut Bundesfinanzministerium ist ein Start zum 1. Januar 2030 geplant.

Was hat es derzeit mit den Steuerklassen III und V auf sich?

Gemeinsam steuerlich veranlagte Paare wählen derzeit meist die Steuerklasse III für den besser verdienenden Teil und V für die schlechter verdienende Person. III bedeutet relativ wenige Steuerabzüge vom Bruttolohn, V relativ hohe. Als Folge bekommen beide Ehepartner zusammengerechnet ein höheres Netto ausgezahlt – allerdings zulasten des schlechter verdienenden Teils, denn der würde mit Steuerklasse III netto mehr verdienen als mit V. Die Ersparnis tritt also nur für beide zusammen ein, weil die Person mit Steuerklasse III mehr spart, als die andere Person zusätzlich zahlen muss. Zudem ist die Ersparnis sowieso nicht real, sondern praktisch wie ein zinsloser Kredit vom Staat. Denn mit der Einkommenssteuererklärung werden die realen Einkünfte nach festen Sätzen besteuert, unabhängig von den vorher abgezogenen Steuern. Die Folge: Sehr häufig haben Paar, die die beschriebene Kombination III/V wählen, hinterher hohe Nachforderungen durch das Finanzamt.

Was ist das Faktorverfahren (Steuerklasse IV mit Faktor)?

Künftig sollen Paare automatisch die Steuerklasse IV bekommen. Dazu berechnet das Finanzamt jährlich einen Faktor auf Basis der bekannten Steuermerkmale (Kinder, besondere Belastungen usw.) und teilt diesen dem Arbeitgeber mit. Der nimmt mit Hilfe dieses Faktors die Lohnsteuerabzüge vor. Beide Teile des Paares zahlen also nach dem neuen Verfahren so viel Steuer wie zuvor auch – allerdings wird, vereinfacht gesagt, nicht mehrere Monate nach Ende des Steuerjahres abgerechnet (Einkommenssteuererklärung), sondern quasi jeden Monat.

Welche Folgen wird das Faktorverfahren voraussichtlich haben?

Nach den bisherigen Ankündigungen keine „echten“ finanziellen. Die Steuersätze sollen nicht steigen, niemand muss also mehr oder weniger Steuern zahlen als heute. ABER: Experten gehen davon aus, dass künftig die monatlichen Steuerzahlungen für viele Beschäftigte höher ausfallen, also weniger Netto vom Brutto bleibt. Dies vermutlich vor allem für den besser verdienenden Teile eines Paares – für den anderen könnte es umgekehrt sein, also mehr Netto vom Brutto. Dafür sollen künftig keine oder nur noch sehr geringe Steuernachzahlungen fällig werden.

Wie sollte ich mich vorbereiten?

Da der Start des neuen Verfahrens noch weit in der Zukunft liegt und zudem die genauen Regeln noch nicht als Gesetz vorliegen, ist derzeit nichts nötig. Wenn die Regelung so kommt, wie derzeit geplant, dann können Paare sich aber durchaus vorbereiten. Denn das erste Jahr der Umsetzung könnte hart werden: Möglicherweise droht – wie jedes Jahr – eine hohe Steuernachzahlung nach altem Recht, bei gleichzeitig gesunkenem Familieneinkommen nach der neuen Besteuerung. Wer damit rechnet, kann Rücklagen bilden. Und wer möchte, kann schon heute das Faktorverfahren wählen, denn das existiert bereits seit 2010 – wird allerdings kaum genutzt.

 

Infoseite des Bundesfinanzministeriums

https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/FAQ/reform-der-steuerklassen.html