Humor ist, wenn der Chef lacht
Unterhalten sich zwei Angestellte. Der erste fragt: „Wie behandelt Dein Chef eigentlich seine Angestellten?“ „Wie rohe Eier“, lautet die Antwort. „Und wie behandelt man rohe Eier?“ „Man haut sie in die Pfanne.“ Dieser Witz offenbart das subversive Potenzial, das Witze haben können, denn er lässt zwei Deutungen zu: Erzählen sich zwei gleichrangige Beschäftigte diesen Witz, so kann er vom Bürostress befreiende Wirkung haben oder gar verdeckte Kritik am Führungsstil in einer Firma oder einem Team bedeuten. Gibt den gleichen Witz hingegen ein Vorgesetzter vor seinem Team oder eine Geschäftsführerin vor der Belegschaft oder gar vor Außenstehenden zum Besten, transportiert er eine eher erniedrigende Botschaft im Hinblick auf die Beschäftigten. Chef oder Chefin demonstrieren (und zementieren) mit solch einem aggressiven Witz ihre herausgehobene Führungsposition.
Witze sind aus der (betriebs-)öffentlichen Kommunikation von Führungskräften nicht mehr wegzudenken. Aber was erreichen CEOs oder Geschäftsführerinnen eigentlich, wenn sie Witze reißen? Das hat die Studie „Good Fun or Laughingstock? How CEO Humor Affects Infomediaries' Social Evaluations of Organizations” untersucht, die im renommierten Fachjournal Academy of Management Review erschienen ist. Erarbeitet hat die Studie ein Team um Professor Andreas König, Management-Forscher an der Universität Passau. Sie haben Humor von CEOs erfasst und dann beobachtet, wie die CEOs und deren Unternehmen hinterher von den Medien und von Analysten bewertet wurden.
Zunächst haben die Forscher verschiedene Formen von Humor definiert: Positiven Humor, unterschieden in positive Witze über andere und über sich selbst. Drittens wurde die Kategorie des selbsterniedrigenden und viertens des aggressiven Humors definiert. Also Witze über eigene Schwächen beispielsweise oder über die eigene Position. Und schließlich die aggressiven Witze, bei denen Dritte das Opfer sind.
Die Wirkungen positiver Witze ist rasch beschrieben: Sie wirken sich günstig auf die mentalen und emotionalen Zustände des Publikums aus, stärken so die Verbundenheit mit dem Unternehmen und die Legitimität der Führungskraft. Schließlich erhöht sie auch die Erfolgserwartung beim Publikum, verbessert also dessen Einschätzung von CEO und/oder Unternehmen. Vor der Verwendung der beiden negativen Humorarten warnt König eher. Es sei wahrscheinlich, dass diese negativ wirken.
Über sich selbst lachen zu können ist eine Eigenschaft, die viele Menschen bei anderen sehr schätzen. Das, so die Passauer Studie, trifft auch auf CEOs zu – wenn sie wohldosiert angewandt wird. Wird das Mittel zu häufig durch Führungskräfte genutzt, so kann es ins Gegenteil umschlagen und deren Wahrnehmung sowie die des Unternehmens, für das sie stehen, verschlechtern. Ebenso bei aggressivem Humor, der andere Menschen verletzt. Erniedrigende Witze sind gesellschaftlich verpönt und wirken sich auch bei CEOs negativ aus – beispielsweise auf die Legitimität der Organisation, deren CEO aggressive Witze reißt. Allerdings hat das Forschungsteam auch herausgefunden, dass aggressive, erniedrigende CEO-Witze bei der Bewertung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu einem positiven Resultat führen können. Laut König und seinem Team ist das darauf zurück zu führen, dass solche aggressiven Witze Akte der Machtausübung sind und als solche von Beobachtern als Zeichen für Stärke und Durchsetzungsfähigkeit wahrgenommen werden können.
Welche Konsequenzen und Empfehlungen zieht König aus seiner Studie? Er rät zu positivem Humor, weil dieser unzweifelhaft positiv ankommt. Auch CEOs, die Witze über sich selbst, ihre Stellung oder das Unternehmen reißen, können damit Pluspunkte ernten, sollten es aber nicht übertreiben, weil dieser gesellschaftlich eher positiv wahrgenommene Humor bei Führungskräften auch negative Wirkungen haben kann. Und König rät vom Einsatz aggressiven Humors ab. Wie seine Studie gezeigt hat, kann dieser positive wie negative Effekte hervorrufen, hundertprozentige Sicherheit über die Wirkungen gibt es nicht.