Erholungskompetenz als Erfolgsfaktor

Viele Berufe im Agrarbusiness bringen Stress und Belastungen mit. Das ist oft unvermeidlich und nicht immer beeinflussbar. Aber wir können durchaus beeinflussen, wie wir damit umgehen – als Beschäftigte ebenso wie als Inhaber oder Führungskraft eines Unternehmens.
Veröffentlicht am 09.10.2024
Erholungskompetenz als Erfolgsfaktor

Das Wetter ist mal wieder so schwierig, dass der Tag nicht ausreicht, sondern die Nacht hindurch geerntet wird. Die Entwicklung der neuen Landmaschinengeneration verlangt sehr viele Überstunden, weil das Timing von Meetings mit Zulieferern auf deren Sitz in einer außereuropäischen Zeitzone Rücksicht nehmen muss. Der Agrarhandel wird durch KI-Systeme noch stärker beschleunigt, die Deals komplexer. Die Arbeit im Agrarbusiness war schon immer hart: Lange Arbeitstage mit oft hoher körperlicher Beanspruchung sind nicht nur auf den Höfen normal. In den letzten Jahren sind Faktoren hinzugekommen, die zusätzlich für steigenden psychischen Stress sorgen: Umstrukturierungen im eigenen oder in Partnerunternehmen, Zeitdruck, hohe Arbeitsbelastung, die Menge, Komplexität und Intensität der eigenen Aufgaben steigt, Digitalisierung, Social Media und vielfältige Kommunikationswege sorgen für ständige Unterbrechung des Arbeitsrhythmus. Kein Wunder, dass psychische Gründe mittlerweile bei den Krankschreibungen weit vorne rangieren.

Auch wenn es viele Seiten gibt, die behaupten, immer schneller, härter und mehr zu arbeiten sei unser aller Pflicht, so gilt doch eigentlich noch immer: Es ist wichtig, seine Aufgaben so gut wie möglich – und natürlich auch effizient – zu erledigen. Das ist entscheidend, nicht die bloße Zahl abgehakter Tasks. Um unser volles Potenzial kreativer Lösungen für Probleme und Aufgaben abzurufen, brauchen Menschen beides: Anspannung und Entspannung, Aktivierung und Erholung. Das ist in der Psychologie kaum bestritten, aber in vielen Unternehmen und bei vielen Führungskräften noch nicht angekommen. Im Sport hat es sich selbst bei Amateuren herumgesprochen: Leistungssteigerung braucht kein ständiges Training, sondern auch Ruhephasen – sonst kommt es zu Übertraining, was langfristig die Leistung sogar verschlechtern kann.

Anne Willing-Kertelge, die eine Praxis für Psychotherapie, Supervision und Coaching in Lüdinghausen betreibt, hat für die aktuelle Ausgabe der B&B Agrar einen Artikel zum Thema Erholungskompetenz geschrieben, der das Thema gründlich darstellt. Erholungskompetenz und -kultur sind bei ihr Schlüsselbegriffe, mit denen sich Führungskräfte auseinandersetzten sollten. Zur Erholungskompetenz gehört beispielsweise das Wissen um deren Bedeutung, richtige Einschätzung von Belastungen, gute Erholungsstrategien oder schlicht ausreichend Schlaf. Beim Thema Erholungskultur können Beschäftigte ebenso wie Führungskräfte sich ruhig einmal fragen, wie die Beschäftigten reagieren, wenn eine oder ein Vorgesetzter den Raum betritt – finden Tätigkeiten statt, die Betriebsamkeit vortäuschen, obwohl die Ausübenden in Wirklichkeit versuchen, mal ein wenig runter zu kommen? Gibt es eine Pausenkultur im Unternehmen, auch in Meetings? Ist ständige Erreichbarkeit gefordert?

Unternehmen und Führungskräfte, die räumliche und strukturelle Vorsorge treffen, um den Beschäftigten auch tagsüber Entspannung zu ermöglichen, können auf bessere Bindung an den Betrieb, leichtere Fachkräftegewinnung, höhere Motivation und niedrigeren Krankenstand hoffen. Und gut für die Reputation ist es auch.

 

Der Artikel von Anne Willing-Kertelge im Volltext:

https://www.bildungsserveragrar.de/fachzeitschrift/erholungskompetenz/