Ackern an Sonn- und Feiertagen?

Ende 2023 hat das Verwaltungsgericht Osnabrück einer Klage gegen die zeitweise Genehmigung von Sonn- und Feiertagsarbeit stattgegeben. Hat das Urteil Bedeutung für die Landwirtschaft?
Veröffentlicht am 16.05.2024
Ackern an Sonn- und Feiertagen?

„Arbeitnehmer dürfen an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0 bis 24 Uhr nicht beschäftigt werden“, bestimmt das Arbeitszeitgesetz. Aber es gibt Ausnahmen, schließlich kaufen wir Sonntags beim Bäcker Brötchen, gehen ins Schwimmbad oder Kino, fahren mit der Bahn oder dem Bus, essen in der Gastronomie. Ausnahmen genehmigen die Gewerbeaufsichten der Bundesländer. Ende 2023 wurde vom Verwaltungsgericht Osnabrück eine solche Genehmigung für unwirksam erklärt. In dem Fall ging es um ein Handelsunternehmen, das für November und Dezember eine solche Ausnahme für mehr als 500 Beschäftigte beantragt hatte, um Auftragsspitzen abzudecken. Das Gericht erklärte in seinem Urteil, die Genehmigung sei zu unbestimmt, da die Formulierung mit den Auftragsspitzen es letztlich dem Unternehmen selbst überlasse, wann Arbeit an Sonn- und Feiertagen angesetzt wird und wann nicht. Zudem wurde bemängelt, dass zuvor die reguläre Arbeitszeit nicht ausreichend ausgenutzt worden sei.

Welche Bedeutung hat dieses Urteil für die Landwirtschaft, wo Arbeit an Sonn- und Feiertagen regelmäßig nötig ist? Tiere müssen täglich versorgt werden, Ernten einzubringen ist stark vom Wetter abhängig und weitere Gründe sorgen hier regelmäßig für Arbeit außerhalb der üblichen Arbeitszeiten. Es lohnt ein zweiter Blick ins Arbeitszeitgesetz, denn Paragraph 10 regelt die Ausnahmen vom Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit. Dort sind Landwirtschaft, Tierhaltung und Einrichtungen zur Behandlung und Pflege von Tieren explizit aufgeführt.

Also ist die Welt diesbezüglich in landwirtschaftlichen Betrieben in Ordnung und alle lehnen sich entspannt zurück? Nein, besser nicht. Die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein beispielsweise schreibt in ihrem „Leitfaden zum Arbeitsvertrag in der Landwirtschaft“ klipp und klar: „Fehlende Regelungen für Überstunden sowie Sonn- und Feiertagsarbeit sind der häufigste Anlass für Unzufriedenheit. Hier sollten klare Regelungen vereinbart werden, um diese Missstände zu vermeiden.“ Gerade bei der immer härter werdenden Konkurrenz um Arbeits- und Fachkräfte sollten Betriebe diesen Rat dringend beherzigen.

Welche Konsequenzen sind angeraten?

  1. Strukturieren Sie Ihren Betrieb so, dass möglichst viele Aufgaben innerhalb der Regelarbeitszeiten erledigt werden können.
  2. Versuchen Sie, möglichst große Teile jener Aufgaben, die auch an Sonn- und Feiertagen erledigt werden müssen, zu automatisieren und/oder zumindest die Vor- und Nacharbeiten dazu in die Regelarbeitszeit zu legen.
  3. Treffen Sie eindeutige Vereinbarungen, wie mit Sonn- und Feiertagsarbeit verfahren wird. Achten Sie darauf, dass alle Beschäftigten davon im gleichen Maße betroffen sind, soweit fachlich möglich, um keine Ungerechtigkeiten zu erzeugen.
  4. Berücksichtigen Sie auch unterschiedliche Wünsche der Belegschaft und fragen Sie diese aktiv ab. Vielleicht gibt es ja Leute, die gerne an Sonn- und Feiertagen arbeiten, wenn sie dafür einen Aufschlag oder Freizeitausgleich erhalten.
  5. Beachten Sie die gesetzlichen Ausgleichsregelungen: Für Sonntagsarbeit muss es einen freien Tag innerhalb von zwei Wochen geben, für Arbeit am Feiertag innerhalb von acht Wochen.
  6. Dokumentieren Sie Arbeitszeiten der Beschäftigten grundsätzlich, also auch unter der Woche. Das ist übrigens nach europäischem Recht bereits seit 2019 und nach bundesdeutschem Recht schon seit 2022 Pflicht.
  7. Machen Sie ein kleines Event aus der Sonn- und Feiertagsarbeit. Wenn diese zumindest gelegentlich mit einem gemeinsamen Mittag- oder Abendessen, einem kleinen Umtrunk zum Feierabend oder anderen sozialen Angeboten verknüpft wird, werden die Beschäftigten das in der Regel würdigen und besser motiviert sein.

 

 

Leitfaden zum Arbeitsvertrag in der Landwirtschaft der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein als PDF
https://www.lksh.de/fileadmin/PDFs/Beratung/Leitfaden_zum_Arbeitsvertrag_und_Musterarbeitsvertrag_in_der_Landwirtschaft.pdf