Führen ohne Machtgerangel
Aber sind wir nicht alle nur noch lieb und nett? Wird nicht das agile Büro nach New-Work-Prinzipien auch so freundlich, leicht und offen geführt, wie es eingerichtet ist? Sind nicht die Hierarchien so flach wie möglich und alle im Betrieb,
von der Geschäftsführerin bis zum Reinigungspersonal, fast schon befreundet? Auf den ersten Blick mag das so sein. In der aktuellen Literatur zur Führung im Unternehmen geht es viel um Schlagwörter wie wertebasierte Führung, Wertschätzung und Respekt, Ehrlichkeit oder „People first“. Zahlreiche Webseiten und Bücher verbreiten Weisheiten wie „Sei fair, offen und einfühlsam“ und stellen den Chef oder die Chefin der Herzen vor.
Aber ebenso richtig ist auch, dass es noch immer genug Betriebe und Führungskräfte gibt, die mehr oder weniger offen einen autokratischen Führungsstil pflegen. Oder nach außen hin freundliche Führungsprinzipien demonstrieren, nach innen aber knallhart autoritär agieren. Eine weitere Variante ist es, der Form nach tatsächlich zugewandt und einfühlsam aufzutreten, in diesem Stil aber Aufgaben oder Ziele auszugeben, die letztlich auf eine knallharte Führung hinauslaufen. Und wenn wir ehrlich sind: Klar wollen wir alle freundlich agieren und selbst emphatisch behandelt werden. Aber genauso kennen wir doch alle diese Situationen, in denen Freundlichkeit einfach nicht funktioniert. Deshalb sollten Führungskräfte auf allen Ebenen sich natürlich um eine wertschätzende Führung und Zusammenarbeit bemühen, aber ebenso darauf vorbereitet sein, sich in einem Machtkampf durchzusetzen. Die folgenden Tipps helfen dabei, ihn zu vermeiden oder zu bestehen.
Klare Hierarchien begrenzen Machtgerangel, denn sie sorgen für Struktur und Organisation und bilden einen definierten Rahmen zur Lösung von Konflikten. Wichtig ist aber, dass Hierarchien sich begründen lassen und nicht rein auf Autorität und Macht beruhen.
Ziel- und Strategiekonflikte sind häufige Gründe für Machtkämpfe. Werden Ziele und Strategien im Konsens und in Kooperation erarbeitet und sind jederzeit klar definiert, fällt viel Konfliktpotenzial weg.
Konflikte rasch lösen verhindert, dass sich lange Fehden aufschaukeln. Nie vergessen, dass Konflikte nur selten auf die Sachebene beschränkt sind, sondern Emotionen, Stress, Überforderung und (mangelnde) Anerkennung meistens eine Rolle darin haben – und die kann schnell größer werden als der ursprüngliche Konflikt.
Rituale können Machtkämpfe verhindern. Eine kluge Führungsstruktur berücksichtigt, dass Konflikte und Machtgerangel kaum vermeidbar sind und deshalb versuchen, regelmäßig wiederkehrende Mechanismen
in die Unternehmenskultur einzubauen, die reinigend wirken.
Grundkenntnisse in Psychologie helfen bei der Beurteilung des Handelns anderer. So können Führungskräfte sich beizeiten auf Machtkämpfe vorbereiten. Wer sein Gegenüber und dessen Motivation erkennt, kann souveräner reagieren.
Eine feste Basis gegen Angriffe von außen. Wer seinen Bereich gut im Griff hat bietet keine oder nur wenig Angriffsfläche – und kann Attacken mit Gelassenheit und einem Lächeln ausweichen.
Wer ausweicht, wird nicht getroffen und nicht aggressiv. Wenn zwei sich streiten freut sich der Dritte, heißt es bekanntlich. Deshalb ist es nicht nur in vielen asiatischen Kampfkünsten, sondern auch im Machtgerangel oft besser, Angriffen souverän und freundlich auszuweichen und diese so ins Leere laufen zu lassen, anstatt verbissen Gegenangriffe zu starten.