Young Professionals mit Führungserfahrung
Für Young Professionals, die rasch vorankommen wollen, ist das ein echtes Dilemma: Interessante Stellenangebote verlangen häufig Führungserfahrung. Die aber wird im Studium nicht erworben, auch wenn es dort schon lange nicht mehr nur um reine Wissensvermittlung geht. Kompetenzen, darunter auch Soft Skills wie etwa Präsentationstechniken, Motivation, Kommunikation oder Selbstorganisation werden auch an deutschen Hochschulen immer höher geschätzt. Wer früh genug weiß, dass es später mal eine Führungsposition sein soll, kann das beim Auslandssemester berücksichtigen. An US-amerikanischen Universitäten etwa, aber auch in anderen Ländern, gehört das Führungsthema oft ganz selbstverständlich in die Lehrpläne. Wer das verpasst hat, kann natürlich Seminare zu Führungsthemen buchen, etwa bei den IHKen oder privaten Anbietern. Auch ein gezieltes Coaching kann helfen, die eigenen Führungsqualitäten zu entdecken, präzise zu formulieren und so in Bewerbungsprozessen oder auch in Mitarbeitergesprächen zu thematisieren. Denn Personalabteilungen verlangen gerade vom Führungskräftenachwuchs gerne viel, aber nur selten unmögliches. Die HR-Abteilung weiß natürlich, dass in den ersten drei oder fünf Berufsjahren nur selten schon echte Führungserfahrungen gemacht werden können. Deswegen kann auch eine gute Darstellung erworbener Führungskompetenzen, selbst wenn die echte Erfahrung noch fehlt, einen guten Eindruck machen.
Aktiv um Führungserfahrung bemühen und dokumentieren
Nun ist es aber trotzdem noch ein großer Unterschied, ob ich meine Führungskompetenzen in Seminaren trainiere, in Coachings entdecke oder tatsächlich in der Berufspraxis angewendet habe. Deshalb sind Young Professionals gut beraten, wenn sie möglichst frühzeitig und aktiv versuchen, für ein Projekt die vollständige oder zumindest teilweise Leitung übertragen zu bekommen. Selbst wenn damit keine Personalführung im engeren Sinne verbunden sein mag, ist es doch eine gute Gelegenheit, Führungserfahrung zu sammeln und später auch zu dokumentieren. Ganz ähnlich ist es, wenn Verantwortung für Praktikanten oder Werkstudentinnen übernommen wird oder als Ausbilder Führungskompetenzen demonstriert werden. Eine andere Möglichkeit sind Trainee-Programme oder auch die Position als Assistent oder Assistentin der Geschäftsführung. Trainees werden von Unternehmen und Organisationen in der Regel gezielt als Führungskräftenachwuchs ausgebildet, deshalb kann auch nach den ersten ein, zwei Stellen im Berufsleben solch ein Programm noch eine gute Wahl sein. Ebenso die GF-Assistenten – hier muss aber genau darauf geachtet werden, dass sich dahinter nicht nur administrative Standardaufgaben verbergen, denn dann ist es wahrscheinlich nur anspruchsvolle Sekretariatsarbeit.
Ehrenamtlich führen
Oft hört man auch den Rat, Führungserfahrungen außerhalb des Berufs zu sammeln und bei passender Gelegenheit zu erwähnen. Beispielsweise beim ehrenamtlichen Engagement in Sportvereinen oder anderswo. Ja, das kann eine Möglichkeit sein, aber hier muss gründlich nachgedacht werden. Wer seine Führungserfahrung als ehrenamtlicher sportlicher Direktor von mäßig erfolgreichen Kreisklasse-Kickern gewonnen haben will, gibt damit kein gutes Bild ab. Wer aber außerhalb des Berufs ein Projekt zu echtem Erfolg und Glanz – nein, nicht der Aufstieg von Kreisklasse C in Kreisklasse B – gebracht hat und auch belegen kann, dabei die entscheidende Führungsrolle gehabt zu haben, der empfiehlt sich vielleicht auch für Führungsaufgaben im Job.
In kleinen Unternehmen und Start-ups schneller zur Führungserfahrung
Eher erfolgversprechend als Ehrenamt kann die Arbeit bei einem Start-up oder in einem kleinen Unternehmen sein. Denn dort bekommen Einsteiger viel schneller Leitungspositionen oder große Projekte anvertraut. Selbst wenn diese vielleicht kleiner sind als die Aufgaben, die man zuvor in einem mittleren oder großen Unternehmen hatte – dafür aber mit echter persönlicher Verantwortung. Unter Umständen kann es sogar sinnvoll sein, für so eine Station vorübergehend bei einem kleinen Personaldienstleister anzuheuern oder eine Zeitlang als Berater oder Interims-Manager zu arbeiten. Selbst wenn die Konditionen vielleicht nicht so gut sind – die Gelegenheit, eine echte Führungsrolle zu übernehmen, sollte ergriffen werden. Wichtig ist dann nur, sich von vornherein darüber klar zu sein, dass so eine Station begrenzt sein sollte, rechtzeitig den Absprung zu finden und es in späteren Bewerbungen passend zu kommunizieren.
Den Wunsch nach Führung kommunizieren
Aber auch durch Eigeninitiative und Fleiß können Berufseinsteiger sich in ihrer Firma für die erste Führungsposition empfehlen. Projekte oder Arbeitsgruppen zu leiten ist der erste Schritt. Sein Denken von den abzuarbeitenden Aufgaben lösen und auf strategische Punkte zu richten, auf Verantwortung, Zusammenhänge, Unternehmensentwicklung, hilft auch dabei, sich für Führungsrollen zu empfehlen. Wer sich auf die Koordination komplexer Projekte, auf die Motivation und Anleitung anderer, auf Fortentwicklung und Verbesserung des Teams, der Abteilung konzentriert statt auf ToDo-Listen, fällt positiv auf. Das sollte keinesfalls in Strebertum ausarten und auch nicht durch Intrigen oder Behinderung anderer junger Kollegen und Kolleginnen erreicht werden – gute Vorgesetzte werden solches Verhalten bemerken und ablehnen. Keinesfalls schädlich hingegen dürfte sein, seinen Wunsch nach Führungsverantwortung im Jahresgespräch oder bei anderer passender Gelegenheit klar auszudrücken und zu formulieren. Aber dann müssen auch die zu erwartenden Nachfragen plausibel beantwortet werden können: Warum wollen Sie Führungsverantwortung? Wodurch qualifizieren Sie sich dafür? Einfach nur Karriere machen und mehr Geld verdienen zu wollen – wenn Ihnen nicht mehr einfällt als diese Motivation, dann wird es kaum klappen.