Welche Zusatzqualifikationen sind in der Landwirtschaft sinnvoll?

Nach der Ausbildung kommt das lebenslange Lernen – aber wie soll das gestaltet werden? Welche Zusatzqualifikationen sind sinnvoll, welche Bildungseinrichtungen gibt es, wie soll ich mich entscheiden?
Veröffentlicht am 30.06.2022
Welche Zusatzqualifikationen sind in der Landwirtschaft sinnvoll?

Menschen lernen ihr ganzes Leben lang, machen Erfahrungen und ziehen daraus Konsequenzen. Ein automatisch ablaufender Prozess, weil wir neugierige Wesen sind und von neuen Herausforderungen und Erfahrungen angezogen werden. Allerdings ist dieses natürliche Lernen nebenbei nicht ausreichend für eine lebenslange Karriere. Es ist sinnvoll, sich nach der Ausbildung und dauerhaft zu überlegen, wohin die berufliche Reise gehen soll, welche weiteren Qualifikationen dafür nötig und hilfreich sind und wo sie am einfachsten zu erlangen sind.

Dabei kann es natürlich keine pauschalisierten Antworten auf diese Fragen geben. Wer einen Hof übernimmt und diesen lebenslang fortführen wird, ist mehr auf Wissensvermehrung aus als auf formale Zeugnisse und Abschlüsse. Diese sind aber unabdingbar für eine Karriere in großen, gar internationalen Agrarunternehmen oder in den der Landwirtschaft vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen wie etwa Landtechnik, Düngerherstellung, Agrarhandel oder im Feld der agrarnahen Dienstleistungen.

Der früher weit verbreitete Weg, aus der Schule direkt in die Praxis auf dem familieneigenen Hof zu wechseln und danach sein Wissen durch spezifische Fortbildungen aktuell zu halten, ist eher als Auslaufmodell zu sehen – wer kann heute schon sicher einschätzen, dass der Hof sich tatsächlich lebenslang rentabel bewirtschaften lässt? Deshalb ist die zwei- oder dreijährige Berufsausbildung und/oder ein (duales) Studium als Basis zu empfehlen. Nach der Ausbildung ist die Meisterschule ein klassischer und logischer Schritt. Eine Alternative dazu sind ein- oder zweijährige landwirtschaftliche Fachschulen, die beispielsweise zu Abschlüssen wie staatlich geprüfte/r Wirtschafter/in, Agrarbetriebswirt/in oder Techniker/in führen.

Es ist sicherlich sinnvoll, sich so rasch wie möglich über grundsätzliche Richtungen der eigenen Karriere klar zu werden. Wer lieber nahe an der landwirtschaftlichen Produktion arbeiten will, wird andere Kenntnisse brauchen als eine Person, die eine Managementkarriere anstrebt. Hier kommen schnell Führungsthemen, Jura oder BWL in den Fokus, dort eher praktisch ausgerichtete Themen wie etwa neue Anbau- oder Bewässerungsmethoden oder neue Technologien wie Drohnen, Smart Farming oder Präzisions-Landwirtschaft.

Trotz früher Grundlagenentscheidung sollten aber gedankliche Verengungen vermieden werden – auch wer „nur“ den eigenen Hof fortführen will, gerät schnell in die Rolle eines Managers, der mit den eigenen Angestellten ebenso kommunizieren muss wie mit Vertretern von Behörden und Verbänden. Dann können auch Zusatzqualifikationen Kenntnisse wie etwa Kommunikations- und Rhetorik-Schulungen sinnvoll sein, ebenso wie Verkaufsstrategien (für die Direktvermarktung) oder Verhandlungstechnik (für den Umgang mit Großabnehmern). Auch die sich immer wieder ändernden regulatorischen und gesellschaftliche Anforderungen an die Landwirtschaft (Thema Tier-, Klima- oder Naturschutz) erzeugen Bedarf an Qualifizierung.

Der Bauernverband empfiehlt als Anlaufstellen für Zusatzqualifikationen die Landwirtschaftskammern und -ämter sowie die berufsständischen Organisationen und die regionalen Bildungswerke. Auch die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft DLG, landwirtschaftliche Fachschulen sowie die entsprechenden Fakultäten an Hochschulen haben viele Fortbildungsangebote. Außerdem gibt es eine große Zahl landwirtschaftlicher Bildungszentren, landwirtschaftliche Fachbildung auf Verbandsbasis und schließlich privatwirtschaftlich orientierte Bildungsanbieter. Und nicht zuletzt bieten auch die landwirtschaftlichen Landesbetriebe der Bundesländer häufig berufliche Weiterqualifizierung an.

Wer nach landwirtschaftlichen Fortbildungen im Internet recherchiert, kann sich in der Fülle der Angebote rasch verlieren. Das Bundesinformationszentrum Landwirtschaft in der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung stellt im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft den „Bildungsserver Agrar“ bereit. Damit soll mehr Transparenz in der Agrarbildung geschaffen werden. Der Bildungsserver Agrar bündelt die vielfältigen Informationen zur agrarischen Berufsbildung und anderen bildungsrelevanten Themenbereichen und ist deshalb wichtiger Infopunkt.

Bei der Auswahl von Angeboten sollten neben der fachlichen Seite nicht nur die Kosten eine Rolle spielen. Sehr wichtig ist auch die Vereinbarkeit mit dem eigenen beruflichen Alltag – was nützt eine günstige Fortbildung, wenn sie so unflexible ist, dass Seminare in der Ernteperiode nicht verschoben werden können. Die Flexibilität der Angebote – gerade auch angesichts der wetterbedingt oft schlechten Planbarkeit – ist deshalb ein nicht zu unterschätzendes Kriterium, ebenso die Möglichkeit, Kurse online und im eigenen Zeitbudget absolvieren zu können, also beispielsweise abends, Sonntags, oder, bei länger dauernden Kursen, komprimiert im Winterhalbjahr.

Bildungsserver Agrar

https://www.bildungsserveragrar.de/