Red flags im Vorstellungsgespräch
Wer sich auf ein Vorstellungsgespräch vorbereitet, der oder die beschäftigt sich dabei meist mit sich selbst. Prüft und verinnerlicht seinen Werdegang, Kompetenzen, persönliche Stärken, um im Gespräch eine gute Figur zu machen. Das ist richtig, aber nicht ausreichend. Nehmen Sie sich die Zeit, sich im Vorfeld mit ihren Erwartungen bezüglich des Unternehmens, der Stelle und der Firmenkultur zu befassen. Das ist die wichtigste Voraussetzung, um im Gespräch die richtigen Fragen zu stellen und Beobachtungen zu machen, die darauf hinauslaufen könnten, doch lieber Abstand vom angebotenen Job zu nehmen. Hier die am häufigsten von Beschäftigten genannte Warnsignale.
Alle unangemessenen oder gar verbotenen Fragen und Bemerkungen etwa nach Alter, Herkunft, Familienstand, Kinderplanung, Vorstrafen, Gesundheit und politischen oder religiösen Ansichten sind (fast) immer tabu. Hier gibt es nur sehr selten Ausnahmen. Aber auch diskriminierendes oder herabwürdigendes Redens, sei es auf Sach- oder Witz-Ebene, sollten Sie als Alarmsignal verstehen – auch dann, wenn Sie selbst nicht betroffen sind. Denn wer sich schon Fremden gegenüber so benimmt, der wird vermutlich von einer durchgängig unangenehmen Firmenkultur gedeckt.
Achten Sie auf alle Umgangsformen, die Ihnen rund um das Vorstellungsgespräch begegnen: Werden Sie herzlich und freundlich behandelt? Müssen Sie länger als angemessen warten und wenn ja: gibt es dann wenigstens einen guten Sitzplatz, etwas zu trinken, kümmert sich wer um sie und folgt eine Entschuldigung? Auch wenn Ihre Gegenüber im Gespräch ungeduldig oder unkonzentriert auftreten oder zwischen denen unangenehmes Klima herrscht ist das nicht gut. Auch wenn mehr Präsentationen gezeigt werden als Raum für ein echtes Gespräch besteht, ist das kein gutes Zeichen.
Stimmung im Betrieb ist der nächste Punkt: Wie begegnen die Menschen Ihnen? Wenn Sie Beschäftigte in der Lobby, im Aufzug oder sonst wo erleben, wie gehen die miteinander um? Das ist die Arbeitskultur, in die Sie dann vielleicht kommen. Wirken die Beschäftigten sowie die Arbeitsplätze, die Sie sehen wie eine Arbeitsumgebung, in der Sie sich wohlfühlen können?
Macht das Unternehmen auf Sie einen verlässlichen Eindruck? Das beginnt mit Pünktlichkeit im Vorstellungsgespräch, setzt sich fort mit dem Job-Angebot – stimmen es überein mit dem, was in der Stellenanzeige stand und was im Vorfeld kommuniziert wurde? – und ist nach dem Vorstellungsgespräch noch nicht vorbei. Wenn Personaler sagen, dass sie sich bis Montag in einer Woche bei Ihnen melden, dann sollten sie das einhalten. Zur Not halt mit der Botschaft, dass man aus – möglichst nachvollziehbaren – Gründen eben doch noch ein paar Tage länger brauche. Unklare Tätigkeitsbeschreibungen, die auch auf Nachfrage nicht präzisiert werden, sind auch kein gutes Zeichen.
Jede verweigerte und ausweichende Antwort sollte Warnglocken bimmeln lassen. Unternehmen sollten sich klar und transparent darstellen und zumindest nachvollziehbar begründen, warum eine Frage nicht beantwortet werden kann. Beispielsweise Fragen danach, warum ihre Stelle besetzt werden soll und wie viele Vorgängerinnen und Vorgänger es gab. Ob es im Unternehmen eine hohe Fluktuation gibt, können Sie möglicherweise in Business-Netzwerken oder auf Bewertungsplattformen recherchieren, oder Sie fragen einfach alle, die Sie dort treffen, wie lange sie schon an Bord sind. Falls von 10 Leuten keiner länger als ein oder zwei Jahre dabei ist, schrillen Alarmsirenen. Ihrem Wunsch, den künftigen Arbeitsplatz und das Team zu sehen, sollte entsprochen werden.
Bestimmte Formulierungen wie etwa „schnell getaktetes Arbeitsumfeld“, „selbstständig und schnell starten“, das beliebte „hart arbeiten und hart feiern“ oder der Wunsch nach Multitasking sollten im Detail hinterfragt werden. Dahinter kann sich ein positiv forderndes Umfeld mit vielen tollen Chancen genauso verbergen wie ein Arbeitsumfeld, das darauf basiert, die Beschäftigten gnadenlos auszubeuten und wenig oder gar nicht zu unterstützen.
Das Thema „Überstunden“ und/oder „gelegentliches Arbeiten in der Freizeit“ bedeutet Alarmstufe rot, insbesondere wenn betont wird, dass das zwar freiwillig geschehe, aber fast alle Beschäftigten dazu bereit seien. Ein klares Signal dafür, dass im Arbeitsalltag von Ihnen erwartet werden wird, regelmäßig unbezahlt mehr zu arbeiten als vereinbart.
Bei Vorleistungen oder Probearbeiten sollten Sie wachsam sein. Durch die Probearbeitszeit gibt es keinen Grund, zusätzliche Probearbeit, gar unbezahlt, zu verlangen. Für kreative Stellen und teilweise auch für Führungspositionen kann die Frage nach einer Konzeptidee oder ähnlichem angemessen sein, darf aber auf gar keinen Fall wie eine unbezahlte Vorleistung daher kommen.