Mehr Frust als Lust

Was Jobsuchende an Bewerbungsprozessen bemängeln
Veröffentlicht am 24.06.2024
Mehr Frust als Lust

Bewerber und Bewerberinnen werden häufig frustriert. Trotz Fachkräftemangel haben immer noch viele Unternehmen Bewerbungsverfahren, die an den Interessen der Fachkräfte vorbei gehen, wie eine Untersuchung zeigt.

Frustrierend, ungleich und ineffizient – so lautet das Urteil, dass die Mehrheit der Kandidaten und Kandidatinnen über Bewerbungsprozesse fällt. Dies ist das zentrale Ergebnis des Candidate Experience Reports des US-Unternehmens Greenhouse. Es hat insgesamt 2900 Beschäftigte befragt, von denen 500 aus dem deutschsprachigen Raum stammten, die Mehrheit hingegen aus den USA, Großbritannien und Irland. Sie wurden befragt nach ihren Perspektiven und Ansichten der Rekrutierungsprozesse von Unternehmen, mit denen sie konfrontiert waren. Hier die wichtigsten Erkenntnisse.

Schon länger geben Umfragen eine hohe Wechselbereitschaft bei Beschäftigten wieder – daran hat sich wenig geändert. Mehr als 80 Prozent – 4 von 5 Beschäftigten – der deutschsprachigen Teilnehmer gaben an, bereit für einen Arbeitsplatzwechsel innerhalb des nächsten halben Jahres zu sein. In den USA ist die Wechselbereitschaft sogar noch höher, hier sucht fast die Hälfte aktiv einen neuen Job. Warum ist das so? Jeweils gut ein Drittel der Beschäftigten nannte unzureichendes Gehalt und Sozialleistungen, unklare Stellenbeschreibungen oder unzureichende Kommunikation im Bewerbungsverfahren.

43 Prozent sagten, sie hätten viel Zeit in Bewerbungsprozesse investiert, aber dennoch eine Absage erhalten. Als Folge davon sinkt die Bereitschaft für mehrere Interviews oder Feedbackrunden. Immerhin ein Drittel ist dennoch bereit, bis zu vier Gespräche für eine Stelle zu akzeptieren, 43 Prozent hingegen nicht mehr als zwei. Mehr als ein Drittel nennt fehlende Gehaltstransparenz in Stellenanzeigen als Ausschlusskriterium und fast die Hälfte gibt an, während des Recruitings zwar viel Lob erhalten zu haben, danach wurden aber Jobs angeboten, die nicht zu ihren Qualifikationen, Fähigkeiten und Erfahrungen passten.

Überhaupt die Feedbackkultur: Beschäftigte sind dafür auch dann offen, wenn sie eine Absage erhalten. 68 Prozent sagt, dass ein konstruktives Feedback ihre Bereitschaft, erneut mit einem Unternehmen Kontakt aufzunehmen, erhöht – auch wenn sie zuvor eine Absage erhalten haben. Fast 40 Prozent wünschen sich ein Feedback innerhalb der ersten zwei Wochen, ein Viertel ist auch innerhalb der ersten vier Wochen zufrieden. Aber offenbar verhalten sich viele Arbeitgeber genau umgekehrt, denn 65 Prozent der Befragten gab an, mindestens einmal Bewerbungsverfahren erlebt zu haben, in denen die Arbeitgeberseite den Kontakt einfach abgebrochen hat. Sie wurden geghostet, wie das heute auch genannt wird.

Und selbst Diskriminierungserfahrungen sind noch immer häufig. 70 Prozent der Frauen und 61 Prozent der Männer gaben an, als diskriminierend empfundene Fragen erlebt zu haben. Eltern- und Schwangerschaft, Heirat, Alter und Aussehen sind Themen, bei denen Frauen häufig diskriminierende Fragen erleben, bei Männern kommt noch Herkunft und kriminelle Vorgeschichte hinzu. Und das, obwohl ein hoher Anteil der Befragten aus dem deutschsprachigen Raum angibt, dass dieses Thema für sie hohe Relevanz habe – und in der jüngsten Generation sogar eine sehr hohe. In der Konsequenz sagten 66 Prozent – in den USA sogar 90 Prozent – dass sie von einer Bewerbung Abstand nehmen oder diese zumindest überdenken würden, wenn sie von diskriminierenden Erfahrungen anderer mit einem Unternehmen erfahren. Beispielsweise auf Job-Plattformen oder Bewertungsseiten für Arbeitgeber.