Vom Juristen zum Agrarmanager: Quereinsteiger in der Landwirtschaft
Wer sich die Stellenangebote großer Unternehmen aus dem Agrarsektor ansieht, findet dort viele Jobs, die es auch in anderen Branchen gibt. Vom Vertrieb über allgemeines Management bis zum Handel oder IT-Aufgaben. Und wer die gesuchten Profile näher ins Auge nimmt stellt fest, dass häufig eine abgeschlossene landwirtschaftliche ODER kaufmännische Ausbildung verlangt wird oder ein landwirtschaftliches Studium bzw. eine landwirtschaftliche Ausbildung als „ideal“ oder „Wünschenswert“ beschrieben wird – also nicht verpflichtend gefordert. Das zeigt: Die Betriebe sind offen für Quereinsteiger.
Aber machen wir uns nichts vor: Aus dem Vertrieb von Elektronik zum Verkauf von Autos zu wechseln dürfte leichter sein als der Übergang beispielsweise in den Landhandel. Selbst der Quereinsteig aus einer verwandten Branche – etwa vom Autohandel zum Verkauf von Land-, Forst- und Kommunaltechnik – kann holprig werden. Denn im Landhandel geht es um sehr spezielle Produkte, es reicht nicht, nur die Vorzüge des neuesten Smartphones oder E-Autos zu kennen und anzupreisen. Wer im Agrarvertrieb erfolgreich sein will, muss zumindest grundlegende Kenntnisse der landwirtschaftlichen Produktion haben. Denn dann wird es bedeutend leichter, Kunden anzusprechen und zu überzeugen. Und zudem ist die Nachfrage nach Saatgut oder Pflanzenschutz eben nicht nur allgemein saisonal bedingt, sondern beispielsweise teilweise auch sehr speziell, etwa vom lokalen Wetter. Ebenso werden Vertriebler im Landhandel sicherlich mit sehr viel spezielleren und komplexeren Fragen im Beratungsprozess konfrontiert als beim Verkauf von Fahrzeugen an private Nutzer.
Ein wenig „Stallgeruch“ sollten sich Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger also zulegen. Aber wie kann das gelingen? Hier kommen Tipps für Bewerber und Bewerberinnen, aber auch für Unternehmen.
Es ist sinnvoll, sich selbst gründlich zu prüfen. Für Jobsuchende bedeutet das, sich ehrlich Aufschluss über die eigenen Kenntnisse und über die Motivation für einen Branchenwechsel zu geben. Dabei wird sich herausstellen, welche Kenntnisse über das Agribusiness fehlen, aber sinnvoll wären. Unternehmen sollten ebenso eine ehrliche Analyse vornehmen, ob sie wirklich offen sind für Quereinstiege und auch bereit, diese mit Schulungen beispielsweise zu unterstützen. Andernfalls droht die Erfolgsquote des Recruiting zu sinken. Wenn aktiv um Personal aus fremden Branchen geworben werden soll, kann der Erfolg steigen, wenn die Bereitschaft zu unterstützenden Maßnahmen gleich in der Stellenanzeige kommuniziert wird.
Recherche gehört zur Bewerbung. Es ist selbstverständlich, sich vor einer Bewerbung mit dem künftigen Arbeitgeber und der angestrebten Stelle zu beschäftigen, um eine gute Bewerbung abzuliefern. Für einen Quereinstieg im Agrarsektor sollte zu den Recherchen eben auch gehören, sich mit dem künftigen geschäftlichen Umfeld vertraut zu machen. Wer diese Bemühungen dann in der Bewerbung abbildet, zeigt damit seine enorme Motivation. Auch der Besuch von Messen, Fachveranstaltungen oder ein Blick in Fachzeitschriften kann dabei helfen.
Was macht das Netzwerk? Gab es da nicht vor zwei Jahren dieses interessante Gespräch in der Mittagspause auf einer Messe? Wer sein berufliches Netzwerk gut pflegt, sollte es auch nutzen. Dort verstecken sich oftmals interessante Kontakte – oder Kontakte von Kontakten. Und das gilt natürlich auch für das private Umfeld.
Fortbildungen suchen. Die DLG-Akademie beispielsweise bietet Seminare an, mit denen Fachfremde auf die Arbeit in der Agrarbranche vorbereitet werden. Auch andere Fortbildungsanbieter sind hier aktiv. Solche Veranstaltungen zu recherchieren und entweder schon im Vorfeld auf eigene Faust zu besuchen, oder in der Bewerbung zu erwähnen und als Schulung im Rahmen des Onboarding vorzuschlagen kann den Weg zum Stallgeruch erleichtern und bezeugt ebenfalls Motivation und Initiative.
Vorbereitet sein im Bewerbungsprozess. Quereinsteiger müssen mit besonderen Fragen rechnen und sollten passende Antworten parat haben. Das betrifft oft die Motivation, aber eben auch die Beschäftigung mit der Branche. Hier wäre es falsch, sich als Branchenprofi darstellen zu wollen, ohne passende Ausbildung oder berufliche Stationen. Besser: Mut zur Lücke beweisen und zugleich den Willen demonstrieren, diese zu schließen. Wem so etwas schon einmal gelungen ist, der sollte das nicht verschweigen.