Richtig kündigen
Sie können natürlich einen Abgang hinlegen wie Steven Slater. Der US-amerikanische Flugbegleiter hatte sich mächtig geärgert über eine renitente Passagierin, lieferte sich einen lauten Wortwechsel mit der Frau, bekam einen Koffer an den Kopf, machte eine wütende Kabinen-Durchsage samt Passagierbeschimpfung, schnappte sich ein Bier, löste die Notrutsche aus und rutsche darauf aus der Kabine. Mit diesem starken Abgang wurde er zwar zum Internet-Hit, aber auch vorübergehend verhaftet, später zu einer Geldstrafe von 10.000 Dollar verurteilt und musste sich einer psychiatrischen Behandlung unterziehen. Richtig spektakuläre Möglichkeiten haben Beschäftigte, die live im Fernsehen oder Radio sind. Die Moderatorin eines TV-Senders in Alaska hatte soeben einen Bericht über einen Cannabis-Club abmoderiert, der ihr selbst gehört – und schloss mit den Worten „fuck it, I quit“. Die Live-Kündigung auch noch mit dem im prüden Amerika so stark tabuisierten F-Wort zu verbinden, ist natürlich eine heiße Nummer. Wer nach spektakulären, drastischen oder lustigen Kündigungen sucht, findet schnell auch die per Playlist oder die Werbeanzeige beim Super-Bowl. Kann man machen, sollte man aber nicht.
Selbst wenn Sie Ihren Job richtig satthaben und einen besseren in Aussicht, sollten Sie nie vergessen: Man sieht sich immer zweimal im Leben und die Welt ist klein. Und das Internet vergisst nichts. Selbst wenn Sie jetzt gerade alle Brücken hinter sich abbrechen wollen, sollten Sie Ihre Emotionen beherrschen. Es ist kurzsichtig, nur an den nächsten Job zu denken. Ihre Karriere dauert noch zwanzig Jahre oder länger. Die Chance, in dieser Zeit erneut auf Vorgesetzte oder Kollegen aus dem bisherigen Job zu treffen, ist größer als Sie denken. Dann ist es gut, wenn man sich in die Augen sehen kann, zumal viele Streits in der Rückschau gar nicht mehr so groß wirken wie in der Phase akuten Ärgerns.
Es gibt weitere Gründe für einen zivilisierten Abschied vom alten Job: die netten Kolleginnen und Kollegen und die Formalien. Selbst wenn man Sie im alten Job ins Aus gedrängt oder Ihr Vorankommen blockiert hat, selbst wenn Sie Mobbing-Opfer sind – mit ein paar Leuten kommt man ja doch gut aus. Meist ist es aber doch die Mehrheit in der Abteilung, die zwischen „schon in Ordnung“ und „richtig nett“ angesiedelt sind. Alle netten und am akuten Ärgernis unbeteiligten Menschen stoßen Sie vor den Kopf, wenn Sie den großen Knall zur Kündigung inszenieren.
Auch wenn man die Brocken hinwirft, geht es nicht ohne Formalkram. Die Kündigung ist eine Vertragsangelegenheit und Sie sollten korrekt vorgehen. Deshalb: Zuerst einen Blick in den Arbeitsvertrag werfen, Stichwort Kündigungsfrist. Diese müssen Sie einhalten, einem vorzeitigen Wechsel muss der Arbeitgeber zustimmen. Das wird er nur tun, wenn Sie sich korrekt verhalten. Zweitens: Eine Kündigung muss schriftlich erfolgen und handschriftlich unterschrieben sein. Das schließt E-Mail, SMS, WhatsApp, Videos, Playlists oder Werbespots aus. Mit dem Datum auf dem Schreiben können Sie beweisen, wann Sie gekündigt haben – in ganz kritischen Situationen per Einschreiben mit Rückschein. Meiden Sie den Konjunktiv („möchte kündigen“ oder „würde kündigen“), sondern schreiben Sie eindeutig: „Hiermit kündige ich zum nächstmöglichen Termin“ (oder: zum 1.1.2100), die Angabe von Kündigungsfrist und/oder letztem Arbeitstag ist verpflichtend. Ihre Kündigungsfrist ersehen Sie aus Arbeits- und/oder Tarifvertrag, das Datum des letzten Arbeitstages leitet sich daraus ab unter Berücksichtigung von Resturlaub und freien Tagen. Sind Sie darüber unsicher, verwenden Sie ein Datum und eine Formulierung wie „meinen Berechnungen nach“ o.ä. Bitten Sie um eine schriftliche Kündigungsbestätigung und um ein Arbeitszeugnis. Die Einhaltung dieser Formalien sichert Sie ab, falls Ihr Arbeitgeber versucht, Ihre Kündigung nicht zu akzeptieren oder hinauszuzögern. In sehr zerrütteten Verhältnissen können Sie sich auch durch einen Anwalt oder Ihre Gewerkschaft beraten lassen.
Meist ist aber die friedliche Trennung der Fall. Dafür nun noch Tipps, wie diese reibungslos läuft und Sie in guter Erinnerung bleiben.
- Die Kündigung formaljuristisch korrekt einreichen, siehe oben. Versuchen Sie zuvor das Gespräch mit dem oder der zuständigen Vorgesetzten zu suchen, damit diese nicht überrumpelt werden und ihr Gesicht verlieren.
- Machen Sie sich für Nachfragen vorher klar, warum Sie kündigen und was Ihnen gut gefallen hat am bisherigen Job. So können Sie Fragen von Kolleginnen und Kollegen oder Vorgesetzten nach dem „Warum“ diplomatisch beantworten.
- Die Übergangsphase zwischen Kündigung und letztem Arbeitstag wird ein paar Tage oder Wochen dauern. Eine Herausforderung für Sie selbst – gedanklich schon im neuen Job, aber der bestehende muss dennoch ordentlich ausgefüllt werden, um keinen schlechten Eindruck zu hinterlassen – und für die Kollegen. Wenn Sie das durchspielen, wird es im Alltag leichter gehen.
- Zu welchem Preis bleiben Sie doch? Oft starten Unternehmen einen Gegenangriff nach einer Kündigung. Einen Nachfolger zu finden und einzuarbeiten ist vielleicht aufwändiger, als Ihnen mehr Lohn oder Arbeitsbedingungen zu bieten. Damit Sie davon nicht überrascht werden, machen Sie sich rechtzeitig klar, ob Sie unter allen Umständen gehen wollen oder welche Verbesserungen Sie zum Bleiben bewegen könnten.
- Wann sollen die Kollegen informiert werden und wer macht das? Solange die Kündigung nicht bekannt ist, gibt es keinen Anlass für Getuschel. Ist dann wirklich alles fix sollte das Team in Absprache mit den Vorgesetzten informiert werden – entweder von diesen oder von Ihnen. Ein paar persönliche Sätze sind der bessere Weg als eine unpersönliche Rundmail.
- Bereiten Sie die Übergabe vor, so zeigen Sie Wertschätzung und bleiben in guter Erinnerung und bieten selbst im Streit keine Angriffsfläche. Ideal ist ein detailliertes Übergabe-Memo für Nachfolger und eine Klärung oder Benennung offener Fragen. Arbeiten Sie bis zum Schluss wie gewohnt weiter. Die letzten Tage nur noch Stand-By? Man sieht sich immer zweimal und gar nicht selten eilt einem der Ruf ins neue Unternehmen voraus. Jeder kennt wen, der wen kennt, erst recht in Zeiten von Xing und LinkedIn.
- Ein netter Ausstand mit Snacks und Getränken tut gut und dient der Kontakt- und Netzwerkpflege.
- Kein Ende ohne Anfang: Starten Sie in der neuen Firma professionell und zurückhaltend. Auf Fragen nach Gründen für den Wechsel sollten Sie möglichst positive Begründungen nennen und Lästern vermeiden. Das trübt den ersten Eindruck und wenn Sie das Alte zu sehr schlecht reden, fällt das auf Sie zurück, denn Sie waren ja bis vor kurzem Teil davon.