Dein Start-up in der Landwirtschaft
Das Image der Landwirtschaft hat sich gewandelt. Natürlich werden noch immer oft Klassiker reproduziert, sei es der Bauer mit Karohemd und Gummistiefel im Stall, seien es negativ besetzte Themen wie Pestizide, Gülle oder Tierhaltungspraktiken. Aber daneben drängen moderne landwirtschaftliche Seiten in die Öffentlichkeit: Sei es der Einsatz von Hightech wie bei Drohnen, GPS-gesteuerten Geräten oder autonom fahrender Feldtechnik. Sei es der Trend zu Vegetarismus, Nachhaltigkeit und grüner Ernährung, der zu vielen neuen Produkten geführt und sich aus der Bioladen-Nische zu den großen Discountern verbreitet hat. Dieser Wandel schlägt sich in einer zunehmenden Zahl an Neugründungen und Startups nieder, die dem Agrarbusiness zugeordnet werden können – von Vertical Farming bis zur mobilen Schlachtung. Mit AgTech (aus dem Englischen für Agricultural technology, deutsch Agrartechnologie oder Agrotechnik) hat sich ein eigener Zweig in der Startup-Landschaft etabliert. Laut dem Agrifoodtech Investment Report 2022 wurden im vorigen Jahr weltweit fast 52 Milliarden US-Dollar in Startups aus den Bereichen Ernährung und Agrar investiert, 85 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Aber wie geht eigentlich die Gründung eines Startups?
Es empfiehlt sich zuerst einmal, sich nicht von den oft reißerischen Meldungen blenden zu lassen. Landwirte sind seit jeher Unternehmer und Unternehmerinnen und ein schick daher kommendes Green Food Startup ist auch nur ein Unternehmen wie jeder Bauernhof. Gerade für Unternehmensgründungen im Agrarbereich erscheint es sinnvoll, Bodenhaftung zu behalten. Aber natürlich verändern sich Unternehmen und ein Onlineshop muss zwar die gleichen wirtschaftlichen Regeln beachten wie der klassische Hofladen, funktioniert aber trotzdem nach anderen Regeln. So vielfältig wie Landwirtschaft und daraus entstehenden Geschäftsideen sind, kann es kein Generalrezept für ein erfolgreiches Agrar-Startup geben. Aber wichtige Grundregeln, die aus einer Idee einen Erfolg machen können.
1) Fokussiere Dich auf deine Idee. Ohne eine gute Idee braucht es kein Startup. Es muss nicht immer völliges Neuland sein – viele Startups sind mit relativ kleinen Neuerungen erfolgreich. Natürlich ist es toll, wenn Geschäftsideen mittels autonomen Feldhäckslern und GPS-Steuerung zu effizienterem Ackerbau mit sinkendem Pestizideinsatz führen. Aber Hightech-Ideen brauchen oft Jahre für die erfolgreiche Umsetzung und verschlingen oft enorme Investitionen. Manchmal reicht es schon, die Vermarktung der eigenen Gänse neu aufzustellen und nicht ausschließlich auf das Weihnachtsgeschäft zu setzen, sondern im Sommer Grillwürste aus Gänsefleisch anzubieten. Mit dieser Idee haben zwei Jugendfreunde aus der Region Vechta, Landwirt und Metzgermeister, seit 2012 etliche Preise abgeräumt und Fördergeld erhalten. Sie sind so erfolgreich, dass 2020 eine moderne Vermarktung für Rind- und Schweinefleisch ergänzt wurde.
2) Prüfe die Idee gründlich. Ideen gibt es viele, gescheiterte Startups ebenso. Nicht jede gescheiterte Idee war schlecht, manchmal war nur der Zeitpunkt nicht passend, es fehlten nötige Kenntnisse oder Ressourcen. Bevor Geld in eine Gründung, Anschaffungen oder sonstige Schritte zur Umsetzung einer Geschäftsidee investiert wird sollte der mögliche Markterfolg gründlich geprüft werden. Gibt es Unternehmen mit ähnlichem Geschäftsmodell? Wer kann meine Kundschaft sein und hat das Geld und/oder die Notwendigkeit für mein Produkt oder meine Dienstleistung? Was ist nötig, um meine Idee umzusetzen und wie kann ich das finanzieren?
3) Berate dich. In der Prüfungsphase ist es sinnvoll, sich Beratung zu holen. Da kann das eigene (familiäre) Umfeld erster Anlaufpunkt sein. Wer studiert sollte an der Hochschule nach Beratungsmöglichkeiten suchen. Landwirtschaftskammern und IHK sind ebenfalls erste gute Anlauforte, bevor die oft teure Hilfe spezialisierter Beratungsunternehmen in Anspruch genommen wird. Auch in beruflichen Netzwerken wie Xing oder LinkedIn lassen sich Sparringspartner finden. Achte aber auch darauf, deine Idee zu schützen und nicht zu viel zu früh öffentlich werden zu lassen.
4) Prüfe dich selbst. Die Gründung eines neuen Unternehmens ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Dazu braucht es nicht nur das nötige Fachwissen, sondern auch eine passende Persönlichkeit. Nicht jede oder jeder ist dazu geboren, vor Investoren oder Publikum sein Unternehmen anzupreisen – auch das kann aber bei einer Unternehmensgründung nötig werden. Hier kann die Integration von Partnern helfen, die Belastungen auf mehreren Schultern zu verteilen und mehr Kompetenzen an Bord zu holen. Ein Startup bedeutet meist viel Arbeit, gerade für Menschen, die sowieso schon einen Hof bewirtschaften oder übernehmen wollen. Das erfordert ein hohes Maß an Durchhaltevermögen ebenso wie die Bereitschaft, noch mehr zu arbeiten als ohnehin schon. Und die Familie muss auch mitziehen.
5) Achte auf deine Ressourcen. Mit ihrem Grundbesitz sind Landwirte gut aufgestellt für die Finanzierung einer Unternehmensgründung. Zwar sind bestehende Agrarbetriebe oft engen wirtschaftlichen Zwängen unterworfen, haben aber dafür eben Grund und Boden, dessen Beleihung eine Finanzierung erleichtern kann. Aber hier sollte nicht leichtsinnig agiert werden, ein Scheitern des Startups darf den bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb nicht gefährden.