Karriere im Doppelpack
Wenn eine Firma starkes Interesse an einer Kandidatin oder einem Kandidaten hat, dann kommt immer öfter auch die Karriere des jeweiligen Lebensabschnittspartners ins Spiel. „Die gezielte berufliche Integration des Partners oder der Partnerin ist ein Standortvorteil für die Region und fördert gerade in mittelständischen Betrieben die langfristige Bindung von Mitarbeitern“, sagt daher Oliver Syring, Geschäftsführer des Dual-Career-Netzwerks Südostniedersachsen.
Das 2007 gegründete Netzwerk besteht aus der TU Braunschweig, etlichen Hochschulen und Forschungseinrichtungen der Region, dem Thünen-Institut und als Kooperationspartnern unter anderem dem Arbeitgeberverband sowie der Industrie- und Handelskammer. Mittlerweile gibt es rund 50 derartiger Netzwerke in Deutschland.
Dual Career oder bloß Doppelverdiener?
Die Unternehmensberatung McKinsey hat 2019 mehr als 35000 Beschäftigte mit Lebenspartnern befragt – 89 Prozent der Frauen und 70 Prozent der Männer waren dabei Teil eines Dual Career Couples. Laut McKinsey sind solche Paare signifikant weniger zufrieden mit ihrem Job als Paare, bei denen nur ein Teil seine Karriere energisch vorantreibt und der Partner oder die Partnerin lediglich einem Job als Zuverdienst nachgehen.
Noch schwieriger wird es für die Karrieristen, wenn Kinder ins Spiel kommen. Fast zwei Drittel der Befragten mit Kindern empfinden es als schwierig oder sehr schwierig, dass beide Partner ihre Berufswünsche verwirklichen können. Für Paare ohne Kinder sei das kein Thema, hier schätzten nur 9 Prozent ihre Doppelkarrieren als schwierig ein.
„Die Förderung von Dual Careers kann einen wesentlichen Beitrag zur Überwindung der klassischen Rollenverteilung zwischen Mann und Frau und damit zu mehr Chancengerechtigkeit leisten. Mit einer größeren Diversität bei Lebens- und Erwerbsmodellen und einer höheren Akzeptanz berufstätiger Eltern kann unsere Gesellschaft die Herausforderungen der Zukunft besser meistern“, sagt Cornelius Baur, Deutschlandchef von McKinsey und Mitglied der Initiative Chefsache. 65 Prozent der Führungskräfte wünschten sich mehr Akzeptanz für zwei vollbeschäftigte Elternteile.
Die klassische Lösung älterer Generationen – die Frau hütet das Haus oder ein Teil des Paares wird Wochenend-Pendler – ist für Führungskräfte heute häufig keine Option mehr. Zieht ein Teil eines Paares berufsbedingt in eine andere Stadt, kommt der oder die Partner/-in oft mit. Dann stellt sich die Frage, ob und wie der berufliche Neustart auch für ihn oder sie gelingen kann. Fällt die Antwort auf diese Frage negativ aus, so ist das für nicht wenige High-Potentials ein Grund, die neue Stelle nicht anzutreten. Deshalb ist die Förderung von Doppelkarrierepaaren ein wichtiges Personalmanagement-Instrument und Hilfsmittel zur Gewinnung und Bindung von Fach- und Führungskräften.
Netzwerken hilft bei der Mitarbeitersuche
Dual-Career-Netzwerke sind dafür ein Werkzeug und ermöglichen schnellen Austausch bei Fragen zur Anstellung von Lebenspartnerinnen oder -partnern. Wichtig: Die Netzwerke sind keine Stellenvermittlungen, die Verantwortung für die Stellensuche verbleibt bei den Paaren. Aber sie können Information, Beratung und Begleitung leisten und wichtige Kontakte zu und zwischen Unternehmen, Hochschulen, Forschungseinrichtungen und weiteren potenziellen Arbeitgebern vermitteln. Mitziehende Partner und Partnerinnen bekommen so beispielsweise Informationen zum regionalen Arbeitsmarkt, Unterstützung und Beratung beim Selbstmarketing (z.B. Optimierung des Profils, Unterlagencheck, Anerkennung ausländischer Abschlüsse oder Weiterbildungen, Erweiterung des persönlichen Netzwerks), Hilfe beim Bewerbungsprozess und bei lebenspraktischen Fragen in der neuen Umgebung (Kinderbetreuung, Schule, Wohnungsmarkt) oder Kontakt zu Personalverantwortlichen.
Für Unternehmen kann die Mitarbeit im Netzwerk gleich mehrere positive Aspekte haben: Zum einen wird man für den Führungsnachwuchs attraktiver. Zum anderen eröffnet sich ein zusätzliches Suchfeld für Personal, weil die mitziehenden Partner häufig selbst hohe Qualifikationen haben und attraktive Arbeitskräfte sind. Wer in seinem Unternehmen auch für Partner und Partnerinnen neuer Führungskräfte Stellen schafft oder findet, erhöht die Effizienz seiner Personalbeschaffung. Denn statt einem werden gleich zwei hochqualifizierte Beschäftigte gewonnen – ohne dass zwei vollständige Suchprozesse durchlaufen werden. Auch auf die Motivation der Führungskräfte kann sich eine solche familienfreundliche Personalpolitik positiv auswirken. Flexible Arbeitsmodelle erleichtern Dual-Career-Paaren, ihren privaten Anforderungen gerecht zu werden und familiäre sowie berufliche Aufgaben zu erfüllen.