Zusatzeinkommen für Landwirte
„Innerbetriebliche Einkommenskombination“ – ein kompliziert klingender Begriff. Aber für sehr viele landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland ist das betriebliche Praxis. Es meint, dass im gleichen Betrieb sowohl landwirtschaftliche Primärproduktion stattfindet als auch Geschäfte, die nicht dazu zählen. Rund 111.000 Betriebe praktizierten dieses Modell im Jahr 2020 (das statistische Bundesamt aktualisiert diese Datenreihe nicht jährlich). Weitere 39.000 Betriebe haben ihr Nebeneinkommen in rechtlich eigenständige Unternehmen ausgelagert, so dass insgesamt wohl rund die Hälfte der Höfe über ein zweites wirtschaftliches Standbein verfügt.
Die zusätzlichen Einkommensquellen sind meist nahe am Kerngeschäft angesiedelt. Ein gutes Drittel betreibt Forstwirtschaft, der eigene Wald als zweites Standbein liegt auf Platz eins der Einkommens-Diversifizierung. Fast ebenso hoch ist der Anteil der landwirtschaftlichen Betriebe, die erneuerbare Energie erzeugen. Auf Platz drei der Zusatzeinkommen folgen Auftragsarbeiten für andere landwirtschaftliche Betriebe, mit 27,4 Prozent ebenfalls weit verbreitet. Auf Platz vier (18,6 Prozent) etwas abgeschlagen landen Verarbeitung und Direktvermarktung. Pensions- und Reitsportpferdehaltung, Be- und Verarbeitung von Holz sowie Tourismus sind weitere beliebte Einkommensalternativen.
Der Anteil der Betriebe, die auf zusätzliche Einkommensquellen setzen, hat sich zwischen 2010 und 2020 von einem Drittel auf rund die Hälfte deutlich erhöht. Von den vier führenden Quellen für Zusatzeinkommen hat sich lediglich der Bereich „Erzeugung erneuerbarer Energie“ in dieser Zeit verringert (von 43,2 auf 31,2 Prozent), die anderen drei haben zugelegt. Und es scheint so zu sein, dass das Zusatzeinkommen wichtiger wird, denn 2010 gaben gut 57 Prozent der Betriebe mit zusätzlichen Einnahmen diese mit höchsten zehn Prozent an. Gut 29 Prozent erzielten 10 bis 50 Prozent des gesamten Umsatzes mit innerbetrieblicher Einkommenskombination und 13 Prozent mehr als die Hälfte vom Umsatz. Zehn Jahre später ist der Anteil jener, die maximal zehn Prozent Zusatzeinkommen haben, auf 55,6 Prozent gesunken. Aber 31,5 Prozent der Betriebe haben 10 bis 50 Prozent Zusatzeinkommen und 23,5 mehr als 50 Prozent.
Landwirtschaftsbetriebe sind gut beraten, ihre Einkommen auf mehrere Standbeine zu verteilen. Wer sich Statistiken über die Einkommen von Höfen ansieht, findet dort gespiegelt, was wohl jeder Landwirt und jede Landwirtin aus eigener Erfahrung kennt: Enorm starke Schwankungen. Gründe: Das Wetter natürlich, aber auch Entwicklungen auf dem Markt und äußere Einflüsse wie Kriege und Konflikte oder politische Regulierung bei erneuerbaren Energien. Die Preise in den verschiedenen landwirtschaftlichen Sektoren wie Ackerbau, Viehhaltung, Obst- und Gartenbau oder Futtermittelerzeugung schwanken zudem nicht synchronisiert – im einen Jahr geht es in einem Bereich rauf und in einem anderen runter, im nächsten Jahr geht alles rauf oder runter usw. Dieses wirtschaftliche Risiko können Betriebe mit mehreren Einkommensquellen mindern. Zudem erlauben Zusatzeinkommen das Wachstum des Betriebes, ohne dass zwingend zusätzliche Flächen benötigt werden. Und auch eine bessere Wertschöpfung kann erzielt werden, wenn beispielsweise die Milch der eigenen Kühe selbst zu Käse verarbeitet und der dann sogar noch direkt vermarktet wird.